Hallo, hier spicht Edgar Wallace … äh, Phil!
Andy hat eine wohlverdiente Pause eingelegt und so mache ich mich mal an das Wort zum Sonntag.
Uns Nerdtalkern ist eine gewisse Technik-Affinität nicht abzusprechen: Wir spielen gerne mit unseren Betriebssystemen, verkabeln unsere Häuser und Räume auf teils abenteuerliche Weise, iPhone und iPad sind uns nicht fremd und der Begriff „Early Adopter“ musste für uns erst erfunden werden, um unseren Update- und Upgradewahn zu beschreiben. Wir schreiben, wir schneiden, wir lesen, wir sehen, wir bloggen, wir podcasten, wir zeichnen und wenn notwendig telefonieren wir sogar über unseren PC.
Doch eines tun wir verhältnismäßig selten mit unseren PCs: Wir spielen!
Ich habe früher meine Spielekarriere wie wohl jeder in meinem Alter mit „Counter Strike 1.5“ begonnen. Früher noch mit der berühmten AAAA-AAAA-AAAA-Seriennummer, was für den „kleinen“ Zweck vollkommen ausreichte. Ich war bei Weitem nicht der beste Spieler, aber über die Zeit konnte ich die Bots zumindest von „strunzendumm“ auf „man könnte mit Mühe logische Verfahrensweisen erahnen“ hochstellen. So manche Nacht habe ich mir auch um die Ohren geschlagen, um mit Freunden, die ich bis dato nie persönlich gesehen habe, die Bombe zu legen oder die Geiseln zu retten.
Ich war gerade frisch 18, sah aus wie 14, da kam „Half Life 2“ auf den Markt, mit dabei: „Counter Strike Source“. Ich glaube, der Verkäufer denkt heute immer noch, dass mein Personalausweis gefälscht war, so jung und unschuldig kaufte ich ein Spiel, auf dem der rote Hinweis „Nicht an Personen unter 18 verkaufen“ prangte. Eine neue Grafikwelt erschloss sich!
Im Gegensatz zu „Half Life 1“, wo ich nie über die Flucht an die Oberfläche hinaus kam (wie wird man diesen blöden Helikopter los?!) konnte ich „Half Life 2“ relativ flüssig durchspielen. Bei unserem Gründungsmitglied Olly sah ich dann das erste Mal ein Spiel namens „Portal“: Anstatt einer Waffe hatte man eine Portalkanone in der Hand und schoss eine Art Wurmloch. Gegner fehlten komplett.
Olly schwärmte in höchsten Tönen von „Portal“, nannte es eine ganz neue Art des Spielens und schoss noch ein Portal. Ich saß daneben und nickte bewundernd: Was zum Teufel fand der toll daran, in einer sterilen Laborumwelt Portale zu schiessen? Ohne Gegner? Was sollte denn da das Ziel sein? Es gab ja nicht einmal eine Bombe. Stattdessen einen… Kuchen?
Es kam die Zeit, wo es die Orange Box zu kaufen gab: „Half Life 2: Episode One“ und „Episode Two“. Und „Portal“. Es ist einem alten Arbeitskollegen zu verdanken, dass ich in den Besitz der Orange Box kam.
Nachdem ich die Episoden durchgespielt hatte (wann kommt eigentlich endlich Episode Three?) wand ich mich „Portal“ zu. Wenn es denn schon einmal da war… Verdammte Axt, so habe ich noch nie gespielt. Die Idee ist tatsächlich grandios!
Einfallswinkel gleich Ausfallswinkel. Was schnell reinkommt, geht auch schnell wieder raus. Ferne oder nie erreichbar gemeinte Räume erschließen sich auf einmal, weil man durch einen kleinen Schlitz ein Portal schießen kann. Für die Unterhaltung sorgte GLaDOS zu genüge, meine zwischenzeitlich wieder eingerosteten, aber immer noch vorhandenen First-Person-Shooter-Skills(?) konnte ich weiterhin nutzen und anstatt wildem Geballer und schielen auf die Health Points fragte ich mich, wie ich auf diese Plattform 100m über mir kommen würde. Es ist einfach Klasse!
Nach einem kurzen Ausflug über „Modern Warfare 2“ (auch sehr tolles Spiel!) landete ich bei Portal 2, nachdem ich zwei Mal Portal 1 hintereinander durchgespielt hatte. Zwar fragte ich mich, was man an Portal 1 noch verbessern konnte – und ich wurde umgeblasen: Eine großartige Grafik, wesentlich weitläufigere Areale (gerade gestern suchte ich eine halbe Stunde nach dem Ort für das nächste Portal. Eine halbe Stunde!) und eine Soundkulisse, die mich besonders beim ersten Mal mehr hat fürchten lassen als das Kriegsschaugebiet von „Modern Warfare 2“. Obwohl ich meinte zu wissen, dass es in der Portal-Reihe keine Gegner gibt, zuckte ich jedes Mal zusammen, wenn draußen ein Auto vorbeifuhr und sein Lichtschein an meiner Wand Schattenspiele veranstaltete. Was ein gutes Leveldesign mit einer überragenden Vertonung nicht alles reissen kann…
Warum gibt es nicht mehr solcher Spiele?
Im Grunde kann man die Spielewelt oberflächlich betrachtet in vier Kategorien aufteilen. Da wird Modern Warfare nun zum dritten Mal aufgegossen, Battlefield liefert sich mit CoD einen Verkaufskampf. Auf der CeBit wurden nun die CounterStrike-Weltmeisterschaften ausgetragen. Egoshooter nach klassischer Art. Ohne Frage sehr gut umgesetzt, aber das Spielprinzip hatten wir schon vor 20 Jahren bei „Doom“, „Quake“ und „Wolfenstein 3D“. Auch die Strategiespiele ala „StarCraft“ und „Command & Conquer“ sind ohne Zweifel echt wirklich gut, ich krame gern auch selbst noch einmal mein „C&C Red Alert 2“ heraus. Doch auch dieses Spielprinzip hat schon einige Jahre auf dem Buckel.
Zuletzt verbleiben Rennspiele und Rollenspiele wie WoW, zu denen ich nie eine Affinität hatte und so nur mal am Rade erwähne. Alle vier Genres haben eines gemeinsam: Man kann sie gemeinsam spielen, was wohl auch den Erfolg erklärt.
Doch wo sind diese frischen, neuen Spielprinzipien, die sich nicht in eine Schublade stecken lassen und es schaffen, mehr zu schocken und zum mehrfachen Durchspielen einladen – und das ohne eine AK47 und sogar ohne Gegner? Ich glaube, es gibt sehr viele Spielprinzipien, die noch entdeckt, entwickelt werden müssen. Oder die es schon gibt und es mangels eines großen Namens wie „Valve“ noch nie an die breite Öffentlichkeit gelangt sind.
Die Spielewelt ist so vielfältig, es muss sie einfach geben: Die Spiele, die mit neuartigen Ideen die Spielewelt auflockern und trotzdem langfristig fesseln, ohne dass man wild abgeballert, von einer Wand aus Panzern überrollt, zum zweiten Mal überrundet oder im PvP niedergeschmettert wird.
Und solange suche ich weiter, auch wenn es schwer wird…
P.S.:
Wer Portal nicht kennt, sollte sich zuerst schämen, und dann dieses Video anschauen.