Drehbuch: Paul Webb, Ava DuVernay
Schauspieler*innen: David Oyelowo, Carmen Ejogo, Tom Wilkinson, Giovanni Ribisi
Kinostart D: (FSK 12)
Kinostart US: (FSK PG-13)
Originaltitel: Selma
Laufzeit: 2:07 Stunden
Filmkritik zu Selma
Selma knüpft historische Ereignisse an eine bewegende Erzählung, die auch den persönlichen Kampf gegen Unterdrückung und Benachteiligung einholt. Über das Schicksal der Menschen, die in Selma für ihr Recht kämpfen, wird ein historisches und politisches Problem, das sich schon bei einem kurzen Blick in die Nachrichten als ein noch immer aktuelles Problem offenbart, emotional und persönlich umgesetzt. Nicht um die Wiedergabe historisch akkurater Fakten geht es dabei, sondern um die Erzählung von Leid und Machtlosigkeit. In bewegenden Bildern schafft der Film es, den Zuschauer aus einem Modus des andächtig gewichtigen Nickens, zurückgelehnt in seinen Sessel, aufzuwecken in eine tatsächliche Anteilnahme für die historischen und gegenwärtigen Schicksale unterdrückter Minderheiten.
Natürlich kann man mit dem Geschichtsbuch zur Hand prüfen, ob der Film faktisch sauber arbeitet, welche Auslassungen und welche Anpassungen er vornimmt. Doch wie bei jedem Film, der sich historische, reale Ereignisse für eine fiktionale Erzählung vornimmt, ist das nicht sonderlich sinnvoll oder zielführend. Denn darum geht es eben nicht. Selma möchte keine Liste von bedeutenden Augenblicken in Bilder übersetzen, sondern eigene Bilder für bedeutende Ereignisse finden. Selma möchte eine Wirkung entfalten, möchte sich vor einem der wichtigsten Menschenrechtler der Geschichte verneigen und seine Ehrerbietung denjenigen zollen, die für die Welt gekämpft haben, in der wir heute leben, und denjenigen, die heute dafür kämpfen, auch in den kommenden Generationen eine freie und gleiche Gesellschaft zu erhalten.
Dass Selma mitunter unentschlossen wirkt, worauf der Fokus letztlich liegen soll, ist im Anblick dieser großen Stärken sehr bedauerlich. Ein Wechsel zwischen Martin Luther Kings Reden in verschiedenen Situationen und den Momenten der gewalttätigen Auseinandersetzung rassistischer Polizisten mit friedlichen Demonstranten schafft es leider nicht, ein konsistentes dramatisches Gerüst zu entwerfen. Zwei Reihungen in sich recht homogener Bilder werden so miteinander versetzt, ohne tatsächlich einen Zugang zu der persönlichen Geschichte, zu den menschlichen Schicksalen zu ermöglichen, die doch immer wieder über emotionalisierende Bilder aufscheinen.
Doch muss man Selma seine Leistung hoch anrechnen: Der Film schafft es, nicht nur ein historisches Interesse zu wecken und die Geschichte der amerikanischen Menschenrechte zu würdigen, sondern ganz gegenwärtig vor Augen zur führen, was Unterdrückung bedeutet und was es heißt, machtlos zu sein, gegen eine ignorante Mehrheit.