Filmszene aus Berlin Syndrom

Berlin Syndrom

Regie: Cate Shortland, Katharina Keil, Deborah Antoniou, Annika Birgel, Rudolf Fitzgerald-Leonard, Michael McLean
Drehbuch:
Schauspieler*innen: Teresa Palmer, Max Riemelt, Matthias Habich, Emma Bading

Kinostart D: (FSK 16)
Kinostart US: (FSK R)
Originaltitel: Berlin Syndrome
Laufzeit: 1:52 Stunden
Filmposter: Berlin Syndrom

Filmkritik zu Berlin Syndrom

Benutzerbild von Phil
4/ 5 von

Es ist gar nicht so genau auszumachen, wo alles noch in geregelten Bahnen läuft und wie es zur ersten Eskalation kommen konnte. Die Grenzen sind fließend, auch als Zuschauer befindet man sich im Sog des Unausweichlichen.
Der Kontakt zwischen der Backpackerin Clare und dem Englischlehrer Andi scheint so normal, wie man eben in Berlin ins Gespräch kommt. Andi zeigt Clare typisch deutsche Marotten und Clare ist erfreut, jemanden zu sehen, der ihr die deutsche Kultur zeigt. Man trinkt etwas gemeinsam, landet gemeinsam bei Andi im Bett – und am nächsten Tag ist Andi weg. Und die Haustür verschlossen – Clare ist gefangen.

Der Film zieht seinen Reiz daraus, dass Andi nicht der klassische Psychopath ist. Seine Obzession und sein Machtspiel sind deutlich zu erkennen, doch bleibt es unklar, ob die Facette der klassischen Liebe nicht auch eine erhebliche Rolle spielt. Zu weiten Teilen ist das Verhältnis zwischen beiden nicht durch bedingungslose Verehrung geprägt, sondern von einer besonderen Art von beiläufigem Zusammenleben.
Natürlich spielt auch die Hilflosigkeit von Clare eine Rolle zum Gelingen des Gesamtwerks. Sie zeigt sich weltoffen und ihre Weltoffenheit wird schamlos ausgenutzt. Anfangs noch besorgt, gibt sie irgendwann Andi das, was er von ihr erwartet, in der Hoffnung, einen Ausweg zu finden.

Die Inszenierung ist gewöhnlich, aber verfehlt ihr Ziel nicht: Die Erkundung von Berlin geschieht bei Sonne, alles ist in ein sommerliches Gelb getaucht. Teilweise werden sogar Zeitlupen eingesetzt, um die Einmaligkeit der pulsierenden Stadt zu unterstreichen. Im krassen Gegensatz dazu der dreckige Hinterhof, in dem sich Andis Wohnung befindet. Von Anfang an in kalten Blautönen gehalten gerät der Müll und der bröckelnde Putz schon fast ins Hintertreffen.
Die Kamera ist aufgrund der Enge der Wohnung immer nah dran an den beiden Protagonisten und schafft es gut, diese Enge auch auf die Gefühlswelt des Zuschauers zu übertragen.

Der Thriller, der weitestgehend als Kammerspiel inszeniert ist, geht wunderbar auf, was auch an dem guten Schauspiel von Teresa Palmer und Max Riemelt liegt. Der Film tut sich gut daran, Andi nicht als puren Psychopathen darzustellen, sondern ihm eine unangenehme Tiefe zu geben, die schon fast Sympathie hervorruft. So geht das Gesamtwerk trotz augenscheinlich gewohnter Geschichte gut und beklemmend real auf.

Berlin Syndrom im Heimkino

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