Schauspieler*innen: Lotje Sodderland, Sophie Robinson, Jan Sodderland, Hente Sodderland
Kinostart D:
Kinostart US:
Originaltitel: My Beautiful Broken Brain
Laufzeit: 1:24 Stunden
Filmkritik zu My Beautiful Broken Brain
Die Dokumentation nimmt den Zuschauer mit in das Leben von Lotje Sodderland, die im jungen Alter von 34 Jahren einen Hirnschlag bekam und wie durch ein Wunder überlebte. Dabei scheut sich der Film auch nicht den Versuch, die Einschränkungen von Lotje auch für den Zuschauer erlebbar zu machen: Das klassische Fiepen in den Ohren, das erscheint, wenn das Körpersystem langsam in sich zusammenbricht, ist genau so gut und intensiv zu erleben wie die bunten Lichter, wenn das Hirn durchdreht. Auch nachträgliche Einschränkungen des Blickfelds werden immer wieder aufgegriffen und finden sich beim virtuellen Blick durch Lotjes Augen wieder.
Lotje ist eine grundsympathische junge Frau, was der Dokumentation naheliegenderweise sehr zuträglich ist. In ständigen Rückblicken zeigt die Dokumentation, wie Lotje vor dem Unfall war. Durch den Sprung zurück in die Jetztzeit wird dem Zuschauer deutlich, dass sich Lotje verändert hat: Selbst Lotje äußert im Film, dass sie nicht weiß, ob sie nach dem Vorfall wieder die alte Lotje werden würde. Diese Erkenntnis ist erschreckend für den Zuschauer, da Lotje von außen unbeschadet erscheint – es ist die beängstigende Erkenntnis, dass das Hirn über den gesamten Menschen entscheidet und deswegen ein doppelt schützenswürdiges Gut ist. Im Gegensatz zu Protektoren an Knie und Arm ist das Hirn aber kaum zu schützen.
Lotje erfährt aufgrund des Hirnschlags Wortfindungsschwierigkeiten und kann sich nicht die Begriffe zu Gegenständen merken: In vielen Interviews wird ihr ein alltäglicher Begriff mehrmals vorgesagt, den sie sich dennoch nicht merken kann.
Doch die Dokumentation möchte nicht ein Opfer darstellen, sie möchte den Kampf einer jungen Frau gegen ihre Einschränkungen portraitieren: Lotje geht in Kliniken, nimmt an Studien teil, erlebt Rückschläge. Bei allem begleitet sie die Kamera. Jedoch auch nicht mehr: Die Dokumentation hält sich dezent zurück und stellt das Behandeln der Symptome in den Vordergrund. Doch so verliert der Zuschauer den unmittelbaren emotionalen Kontakt zu Lotje – einem Kernziel der Dokumentation angesichts der vielen Selfie-Selbstgespräche und dem Spiel mit Optik und Akustik.
Nähme man hingegen die Auseinandersetzung mit den Symptomen als Ziel, so vermittelt My Beautiful Broken Brain zu wenig Erkenntnisse über das, was in Lotjes Kopf passierte und welche Auswirkungen es hat. Mit welchen Mitteln die Symptome in welcher Form wirken sollen.
Jeder sympathisiert schnell mit Lotje und doch ist sie nicht nahbar. Die medizinischen Erkenntnisse über einen Hirnschlag halten sich auch im Hintergrund.
Die Dokumentation schwingt zwischen beiden Zielen hin und her, kann sich nicht klar entscheiden. Aber in Summe ist My Beautiful Broken Brain dennoch eine sehenswerte Dokumentation, die besonders durch ihre Protagonistin und dem Ziel, die Einschränkungen auch dem Zuschauer deutlich zu machen, aufgewertet wird.