Filmszene aus Jerichow

Jerichow

Regie: Christian Petzold
Drehbuch:
Schauspieler*innen: Benno Fürmann, Nina Hoss, Hilmi Sözer, André Hennicke

Kinostart D: (FSK 12)
Originaltitel: Jerichow
Laufzeit: 1:33 Stunden
Filmposter: Jerichow

Filmkritik zu Jerichow

Benutzerbild von andreas
3.5/ 5 von

Den Filmen von Christian Pätzold wohnt ein ganz besonderer Zauber inne. Wer etwa „Wolfsburg“ oder “Yella” gesehen hat, hat weniger das Gefühl, einen Film gesehen zu haben, als vielmehr, normale Menschen auf ihrem Lebensweg ein Stückchen begleitet zu haben. Pätzold findet das Drama im Alltäglichen und schafft es genau dadurch Intensität und Glaubwürdigkeit zu transportieren. So auch wieder in „Jerichow“.

Thomas (Benno Fürmann) ist ein arbeitsloser Ex-Soldat, der von der Bundeswehr unehrenhaft entlassen wurde. Durch einen Zufall lernt er den Unternehmer Ali (Hilmi Sözer) kennen, der ihn spontan als Chauffeur engagiert. Obwohl Thomas ein introvertiertes Raubein ist, fasst Ali schnell zu ihm Vertrauen und bietet ihm einen richtigen Job an. Ali besitzt in der tristen Einöde Mecklenburg-Vorpommerns einige Imbissbuden, die beide fortan gemeinsam mit Zutaten beliefern. Nach kurzer Zeit bandelt Thomas mit Alis Frau Laura (Nina Hoss) an, die – frustriert von der Ehe – bereitwillig eine Affäre beginnt. Als Ali sich auf eine mehrtägige Dienstreise begibt, beschließt das heimliche Liebespaar, den störenden Ehemann bei nächster Gelegenheit zu beseitigen.

Es fällt schwer für einen Pätzold-Film eine echte Empfehlung auszusprechen, allein schon, weil seine Filme meist zu unaufgeregt daher kommen. Die Charaktere wirken wie aus dem wahren Leben heraus gegriffen, die Geschichten sind nicht staatstragend, sondern eher alltägliche Schicksale, die in unaufgeregter Form in Bilder umgesetzt werden. Ein unterhaltsamer Filmabend mag anders aussehen, aber auch solche Filme haben ihre Berechtigung.

„Jerichow“ beschränkt sich tatsächlich nur auf die drei Hauptakteure; andere Personen kommen nur kurz am Rande vor und finden nicht den kompletten Film über Raum. Benno Fürmann versteht es sehr gut, mit kleinen Gesten oder auch nur einem etwas zu langem Schweigen, einen eigenwilligen Mann darzustellen, der seine Gefühle fast zu 100% für sich behält. Hilmi Sözer gibt den Imbiss-Besitzer mit der richtigen Mischung aus „dicke Hose“ und ehrlichem Kumpeltyp. Und Nina Hoss? Nun ja, sieht gut aus wie immer, spielt auch gut, aber nicht herausragend. Auch sie ist in ihrer Rolle eher mundfaul, kann aber mit präziser Mimik doch viel ausdrücken.

Von der Produktionstechnik her, gibt sich der Film “quite independent”. Letztlich hätte der Film auch im TV aus Fernsehspiel versendet werden können. Kamera-Tricks bleiben aus. Auch die musikalische Untermalung beschränkt sich auf rar gesäte kurze Streicher-Arrangements und türkische Pop-Musik, die aus dem Autoradio kommt.

„Jerichow“ ist einer von den Filmen, bei denen jeder ab der Mitte weiß, dass er kein gutes Ende nehmen wird. Dass alles irgendwie „an die Wand gefahren“ wird. Erstaunlicherweise ist das Ende sowohl überraschend als auch streitbar. In jedem Fall aber sehr authentisch. Pätzold wird mal wieder seinem Ruf gerecht, die kleinen Dramen von alltäglichen Menschen mit viel Feingefühl für Stimmungen auf die Leinwand zu bringen.

Jerichow im Heimkino

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Kommentare
Älteste
Neuste Am meisten gevoted
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
0
Uns interessiert deine Meinung - schreib sie in die Kommentare!x