Drehbuch: Vikram Weet
Schauspieler*innen: Holly Goss, Matt Stokoe, Luke Albright, Ryan Hawley
Kinostart D:
Kinostart US: (FSK R)
Originaltitel: The Dyatlov Pass Incident
Laufzeit: 1:40 Stunden
Filmkritik zu Devil’s Pass
Fünf Studenten machen sich, ausgerüstet mit Handkameras, auf die Suche nach paranormalen Ursachen für das Verschwinden einer Bergsteiger-Expedition im russischen Nirgendwo und stoßen auf Unglaubliches? Ernsthaft?
Man muss zugeben, dass das Setting dieses Films weder sonderlich innovativ, noch sonderlich fein ausgearbeitet ist. Wir haben die ambitionierte Anführerin, die äußerst ambitioniert und starrköpfig ist, wir haben den nerdigen Kameramann, der äußerst nerdig ist, wir haben die skeptischen Wanderexperten, die äußerst skeptisch sind und die attraktive Assistentin, die – tada! – äußerst attraktiv ist. Mit anderen Worten: genau die fünf Charaktere, die im Repertoire eines Found Footage-Films zu erwarten sind und etwa mit so viel intelligentem Verhalten und charakterlicher Tiefe glänzen, wie ihre Genre-Schwestern und -Brüder.
Aber sehen wir darüber zunächst hinweg – schließlich schaut man sich einen Film wie Devil’s Pass nicht wegen der psychologisch komplexen Figurenkonstellation an, sondern wohl vor allem um zu sehen, wie die stereotypen Charaktere einer nach dem anderen das Zeitliche segnen. Sind wir doch mal ehrlich.
Was also muss ein Film dieser Art leisten, um heute noch begeistern zu können? Die Found Footage-Dampfer scheinen mittlerweile abgefahren zu sein. Blair Witch Project war irgendwie aufregend und neu und zog eine ganze Welle von Filmen dieser Machart nach sich – Paranormal Activity hat dann einen ähnlichen Hype erzeugt und das Genre wiederbelebt. Aber davon abgesehen gibt es eher ein großes, düsteres Mittelfeld uninteressanter Mitläufer, die mal besser, mal schlechter auf der Welle mitritten.
Man kann dem Film zunächst zugutehalten, dass das Setting eines bewusst als Film gedrehten Dokumentarfilms einen Spagat schafft zwischen der als solcher erkenntlichen Handkamera und dem Einsatz filmischer Stilkonvention. Es gibt einen Kameramann in der Gruppe, der sein Handwerk versteht – so lassen sich Einstellungen begründen, die normalerweise die Illusion der Found Footage zerstören würden. Das bringt Freiheit, auch mal vom wackeligen Amateurbild einer niedrig auflösenden Heimkamera abzusehen und vernünftige Aufnahmen zu liefern, wie sie in einem Dokumentarfilm eben zu erwarten wären. Ein sinnvoller Ansatz, der dem Film gut tut.
So lässt sich das erste Drittel auch wirklich sehr gut anschauen – die fünf Expeditionsteilnehmer werden der Reihe nach in kurzen Interviews vorgestellt, nicht ganz professionell und bierernst, sodass durchaus Platz für den einen oder anderen Lacher bleibt. Man freut sich fast darauf, diese fünf auf ihrem Weg durch den Berg zu begleiten.
Doch die Freude täuscht. Statt eine relativ konventionelle Handlung mit dafür halbwegs interessanten Figuren zu verfolgen, setzt der Film die Prioritäten eindeutig falsch. Denn warum nicht ein weiterer Found Footage-Streifen, der einigermaßen solide seine Handlung erzählt und den Zuschauer dabei mit einem anständigen Drehbuch und gut gezeichneten Stereotypen unterhält? Warum müssen die Stereotypen unbedingt holzdumm und so farblos wie der sie umgebenden Schnee sein? Warum will der Film unbedingt mit einem Twist nach dem anderen aufwarten, anstatt eine Entdeckung in angemessener Länge zu erzählen?
Es ist bedauerlich, zu Beginn des Films so viel Potenzial zu haben und dann mitansehen zu müssen, wie er selbiges von Minute zu Minute mehr über den Haufen wirft und in noch dunklere Tiefen vorstößt als seine Charaktere. Bis zum letztlichen Showdown ist man auf einem Niveau angekommen, das wohl selten von einem anderen Found Footage-Film erkundet wurde. Paranormal Activity 3 grüßt, während Devil’s Pass ungebremst an ihm vorbei in die Tiefe schlittert. Ja, so furchtbar. Und leider, leider anders als bei PA3 auch so bedauerlich, bedenkt man die Ansätze von einem ausgewogenen, sich nicht zu ernst nehmenden Film, der durchaus innerhalb seines Genres gut unterhalten hätte können.
Hätte. Leider bleibt am Ende nichts davon übrig, außer dem unangenehmen und schlichten Eindruck, einen wirklich schlechten Film gesehen zu haben. Und dass die russische Expedition in den Fünfzigern tatsächlich verschwunden ist, macht das ganze weder gruseliger, noch auch nur eine Spur interessanter.