Der blanke Horror

Vermutlich ist es vielen von Euch schon aufgefallen. In den vergangenen Jahren bekommt man das Gefühl, dass Produzenten weniger Geld für gute Drehbücher ausgeben, dafür aber mehr in die detaillierte und realistische Darstellung von Mord- und Folterszenen investieren. Auslöser dieser immer mehr auf Schmerz und Quälereien ausgerichteten Filme scheint mir „Saw“ zu sein. Doch einfach zu behaupten, dieser Film sei allein schuld an der Welle von Gewaltfilmen, die uns immer mehr zu überschwemmen scheint, täte ihm unrecht. Im Gegensatz zu vielen heutigen Vertretern des Horror-Genres verfügte der erste Teil der inzwischen schon auf fünf Teile angewachsenen Horror-Serie, auch über Inhalte. Die Story war spannend, der Zuschauer tappte ebenso im Dunkeln wie die beiden gefangenen Seelchen. Die Auflösung am Schluss war meiner Meinung nach grandios (und hat es nicht verdient jedes weitere Jahr ein ums andere Mal mehr ausgeschlachtet zu werden…).

Mit „Saw“ hielt die ausgiebige Darstellung von Gewalt und Meuchelmördereien Einzug in das Mainstream-Kino. Er hat für mich ein etwas anderes Standing als etwa die älteren „Nightmare on Elm Street“ oder „Freitag der 13“-Filme. Diese waren zwar in einem gewissen Publikumskreis „Kult“, dieser Kreis war aber relativ klein. So sehe ich „Saw“ als Bindeglied zwischen „Splatter/Gore-Filmen“ (absichtlich in Anführungszeichen) und dem Massenkino. Man bekommt inzwischen das Gefühl, dass alle Action- und Horror-Filme nur noch dann „gut“ sind, wenn jede Gewalttat mit möglichst hohem Ekelfaktor möglichst ausgiebigst dokumentiert wird. Je realistischer, je besser.

Um hier mal einen Beitrag des Users critic aus dem hannoverschen Cinemaxx-Forum zum aktuellen Film „Death Race“ zu zitieren:

„Ich habe die alten Actionfilme, von Running Man über Total Recall und Die Hard bis zu Lethal Weapon, sogar Alarmstufe Rot 1 und 2, natürlich alle ungekürzt, immer geliebt. Die waren auch gewalttätig, aber zielgerichtet. Der neuerliche Trend zur Gewalt als Sport und Spaßbetätigung und zur Belustigung des Publikums ist für mich einfach unakzeptabel.“

Dem kann ich mich nur anschließen. Ich bekomme das Gefühl: früher hat man bei Filmen darauf gewartet, dass etwas spannendes passiert oder dass die Story einen überraschenden Verlauf nimmt. Inzwischen gibt es immer mehr Filme, in denen man weniger auf gute Handlung wartet (die meist eh nicht kommt…), sondern vielmehr in gespannter Erwartung auf die nächste Gore-Szene wartet. Ich nehme mich da auch nicht aus. Bei vielen Filmen kann man sich von dem Gedanken an eine ausgeklügelte Story schnell verabschieden und achtet so zwangsläufig besonders auf ausgefallene Gewaltszenen.

Dennoch: ich finde diesen Trend abscheulich, auch wenn ich selbst sein Opfer bin.

Wie seht Ihr das?
Erkennt Ihr auch diesen Trend hin zu immer mehr Gewalt?

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