Get the FUNK out!

Nicht erst seit gestern bin ich im Team von Nerdtalk der ewige Verfechter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Man muss sicherlich an diesem System nicht alles toll finden; wenn beispielsweise zu Olympia oder zur Fußball-WM sowohl ARD als auch ZDF jeweils Reporter-Teams ins Ausland schicken und die einen montags, die anderen dienstags berichten, kann ich den Vorwurf der Beitragsverschwendung schon nachvollziehen. Aber die Öffis bieten eben auch tolle Dokumentationen, mitreißende Filme und Serien und inzwischen sogar ein ansehnliches Online-Programm, das über die übliche Mediathek hinaus geht.

In den letzten Wochen und Monaten schaue ich vermehrt auf YouTube kurze Dokumentationen. Wer das tut, wird über kurz oder lang auf Formate von FUNK stoßen.
FUNK ist ein Gemeinschaftsprojekt der ARD-Sendeanstalten und des ZDF, das sich vorrangig an Jugendliche und junge Erwachsene von 14 bis 29 Jahren richtet. Zwar bin ich da schon leicht drüber, die Reportagen gefallen mir aber trotzdem so gut, dass ich einige einfach mal hier empfehlen will.

Das Konstrukt an sich finde ich schon sehr spannend: derzeit bietet FUNK neben einigen Zukäufen aus anderen Ländern 70 eigene Formate. Junge Kreative können sich mit ihren Ideen zu neuen Formaten direkt an FUNK wenden.
Und sollte die Idee auch für die FUNK-Macher spannend klingen, so entscheidet der Einreicher, ob er sein Format selbst produzieren will oder ob ihn “die Profis vom Fernsehen” dabei unterstützen sollen. Finde ich schon mal ‘n feinen Zug.

In dem Moment, in dem ich diesen Artikel hier schreibe, verschaffe ich mir erstmals einen vollen Überblick über das aktuelle Angebot und merke: da gibt es noch so viel interessantes, das ich unbedingt sehen will. Aber fangen wir doch einfach erst mal mit den Kanälen an, die ich bisher kenne und guten Gewissens empfehlen kann.

maiLab:

Dr. Mai Thi Nguyen-Kim ist für mich sowas wie “der Ranga Yogeshwar der jungen Generation”. Die freie Wissenschaftsjournalistin versteht es in ihren Videos sehr gut, komplexe Zusammenhänge sehr lebhaft und verständlich zu erklären.

Mal geht es um Schlafentzug, mal um das Gender Pay-Gap oder um die Funktionsweise von Wirksamkeitsstudien für Medikamente. Gut portioniert in 10-15 Minuten ein tolles Format, das viel Wissen in kurzer Zeit vermittelt. Nehmt beispielsweise dieses Video, in dem es um den Wirksamkeitsnachweis geht, der beispielsweise für Medikamente erbracht werden muss. Vorgeführt am eher banalen Beispiel des Gewürzes Kukurma.

STRG_F und Y-Kollektiv:

Die Formate sind eine tolle Spielwiese für junge Journalisten. Hier werden Themen aufgegriffen, die viele junge Menschen interessieren. Und anstatt wie viele alteingesessene Magazine vor allem mit Experten zu sprechen, wird hier an den Brennpunkten der Kontakt zu den Betroffenen gesucht.

Mal begeben sich die jungen Journalisten in brenzlige Situationen (z. B. an Bord eines Seenotrettungsschiffs von Carola Rackete), mal überprüfen sie bekannte Thesen im Selbstversuch (“Hilft Ritalin beim konzentrierten Lernen?”). Auch hier kann ich eigentlich jede Folge ohne weitere Info gucken, weil es immer aufschlussreich, dynamisch und spannend ist.

Walulis:

Philipp Walulis war schon vor FUNK ein YouTube-Star. Vor sieben Jahren ging sein Video „Der typische Tatort in 123 Sekunden“ mächtig viral und brachte ihm viel Aufmerksamkeit – auch von den TV-Machern. Schon immer hat er sich sehr kritisch mit verschiedenen Medien-Themen auseinandergesetzt. Er hinterfragt die Dynamik hinter diversen Reality-TV-Formaten oder deckt auf, wer sich auf Instagram mit was für Posts die Taschen voll macht.

Er versteht es, seine Fakten mit viel Ironie zu garnieren, so dass auch sperrige Themen gut konsumierbar und verständlich werden. Zwar ist mir durch mein eigenes Interesse am Medienbetrieb das eine oder andere ohnehin bekannt, aber die Art und Weise wie Walulis es präsentiert, macht es auch für mich noch einmal sehr sehenswert.

Bohemian Browser Ballet:

Hier haben wir nun also die Krawall-Fraktion des FUNK-Angebotes. BBB bietet viel derben Humor, der gern auch mal unter die Gürtellinie geht oder im Sarkasmus schwimmt. Kurze Satire-Videos nehmen auch immer wieder aktuelle Themen aufs Korn. Schaut einfach mal in dieses Video, das Deutschland nach der Übernahme der Macht durch die Grünen zeigt, dann könnt ihr eine gewisse Marschrichtung erkennen. Zwar treffen die Videos nicht immer meinen Humor-Nerv, aber oft genug, um immer mal wieder rein zu gucken.

Die da oben:

Recht neu ist das Format “Die da oben”, das sich mit jenen Menschen beschäftigt, die für viele eben “die da oben” sind: Politiker. Dabei beschränken sie sich in der Länge ihrer Beiträge auf wenige Minuten, in die sie aber eine sehr stark komprimierte Masse an Informationen packen.

So werden hier teilweise die Biographien von den Politikern präsentiert, die großen Einfluss auf den politischen Alltag haben. In anderen Videos werden mit kurzen, aber prägnanten Video-Schnipseln aus Bundestags-Reden die Positionen der einzelnen Parteien zu bestimmten Themen beleuchtet.
Nun kann man natürlich kritisieren, dass es eben doch so einfach meistens nicht ist und Politik eben viel mehr Facetten und Meinungen bietet als hier dargestellt; um sich einen ersten Einblick in ein Thema zu geben ist es aber zumindest vom Info-Gehalt so geeignet wie der oft zitierte Wahl-O-Mat.

Pocket Money:

Hazel ist auch noch ziemlich neu im FUNK-Portfolio. Bei ihr dreht sich alles um Geld. Dabei legt sie eine Offenherzigkeit an den Tag, die man sich von so manch anderem “Influencer” mal wünschen würde. So lässt sie ihre Zuschauer beispielsweise am Ausfüllen ihrer Steuererklärung teilhaben oder gibt Auskunft über ihre Einnahmen aus YouTube und Instagram. 

Spannend sind auch ihre Selbstversuchs-Videos. So lässt sie sich von ihrem Freund und Kameramann etwa an fünf Tagen begleiten, an denen sie versucht mit insgesamt 5,- € über die Runden zu kommen (das allerdings auf ihrem privaten Kanal „Pocket Hazel“). Wo kriegt man günstiges Essen her? Was kann man in seiner Freizeit machen, ohne Geld auszugeben?

Zumindest ebenso spannend ist ein Video, das einen ganz neuen aufstrebenden (und prekären) Berufszweig unter die Lupe nimmt: den sogenannten “Juicer”. Das sind Personen, die abends durch die Stadt fahren, E-Scooter einsammeln, aufladen und am nächsten Tag wieder im Stadtgebiet verteilen. Kann man damit Geld verdienen? Mit was für Problemen wird man dabei konfrontiert? Lohnt sich der Aufwand

Die gleichen Fragen beantwortet sie in einer Kurzdoku zum Thema “Microjobbing”. Ich mag das Format zum einen weil Hazel sehr authentisch ist, auch mal ihre vielleicht unbequeme Meinung sagt, dabei aber auch fundierte und gut zusammengefasste Informationen liefert.

Und ihr?

Und jetzt zu Euch? Schaut Ihr das auch? Könnt Ihr uns andere Sachen empfehlen? Habe ich da einige FUNK-Kanäle noch nicht entdeckt, die es aber wert wären? Oder wo finden wir ähnliches im Netz?

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