Drehbuch: Chris Williams, Dan Fogelman
Schauspieler*innen: John Travolta, Susie Essman, Mark Walton, Malcolm McDowell
Kinostart D: (FSK 6)
Kinostart US: (FSK PG)
Originaltitel: Bolt
Laufzeit: 1:36 Stunden
Filmkritik zu Bolt – Ein Hund für alle Fälle
Pixars letztes Werk Wall-E glänzte für mich vor allem durch seinen hervorragenden Vorfilm (nicht zu Unrecht für den Oscar als bester animierter Kurzfilm nominiert!). Dumm nur, wenn der Hauptfilm dagegen ziemlich abfällt. Bei Bolt ist es nun genau umgekehrt. Der Vorfilm, eine Art Cars meets Fast & Furious – Tokyo Drift * , kann nicht wirklich begeistern, dafür ist der Hauptfilm endlich wieder gehaltvoller und kann inhaltlich an Ratatouille * anschließen. Gerade bei Pixar muss sich jeder Film mit seinem Vorgänger messen lassen, daher folgt hier ein Vergleich von Bolt und Wall-E .
Der kleine Hund Bolt ist der Star einer Fernsehserie und spielt dort einen Vierbeiner mit Superkräften. Leider bleibt Bolt der Kontakt mit der normalen Welt verwehrt, so dass er tatsächlich glaubt, über außergewöhnliche Fähigkeiten wie etwa Laser-Augen zu verfügen. Als seine Filmpartnerin Penny als Cliffhanger der aktuellen Bolt -Staffel entführt wird, macht er sich auf die Suche und bricht aus seinem Studio-Gefängnis aus. Doch schnell muss er erkennen, dass der schnöde Alltag so gar nichts mit seinem Filmleben zu tun hat. Nix mehr mit herbeigebellten Erdbeben, sondern vielmehr mit blutigen Schürfwunden.
So muss ein Pixar aussehen, liebe Leute! Der knuffelige Bolt lässt den rostigen Blechroboter Wall-E aussehen – wie einen alten, rostigen Blechroboter. Klar hatte auch der was extrem knuffiges, nur leider fehlte Wall-E die passende Story, die wirklich über eine komplette Filmlänge unterhalten kann. Bolt hingegen macht von Anfang an alles haargenau richtig. In einer ersten kurzen Sequenz sieht man den späteren Superhund, wie er als kleiner Welpe mit einer Qietsch-Mohrrübe aus Gummi spielt. Nach Sekunden hat er das Herz des Zuschauers für sich gewonnen. Die kurz darauf folgende Action-Szene brilliert mit atemberaubenden Kamerafahrten und vielen eingestreuten Gags, so dass ich innerlich nur noch Hell, yeah! * gerufen habe.
Im Verlauf des Films wird dann der größte Unterschied zum Vorgänger deutlich: Bolt hat eine richtige Story! Zwar reicht sie in ihrer Tiefe nicht an Ratatouille * heran, aber sie weiß gut zu unterhalten, man leidet mit Bolt wie auch mit Penny. Und was ich in Wall-E so schmerzlich vermisst habe, wird hier in einer noch nie da gewesenen Perfektion geboten: Charaktere! Bei Wall-E gab es eigentlich nur ihn und Eve, andere Roboter waren ebenso schmückendes Beiwerk wie die später auftauchenden Menschen. Bolt hingegen nutzt die Vorteile von Animationsfilmen hervorragend aus. Wo der Regisseur einer Realverfilmung via Casting auf die Suche nach einer passenden Besetzung gehen muss, können die Pixel-Zauberer sich ihre Idealbesetzung per Mausklick kreieren. Bildgewordene Klischees der Extraklasse.
Und das war für mich die größte Freude am ganzen Film: die ganzen Nebenrollen. Herrlich, herrlich! Da sieht der erfolgsgeile, linkische Manager wie das Urbild eines erfolgsgeilen, linkischen Managers aus. Das Produktionsteam der Fernsehserie sieht aus, wie so ein Produktionsteam nun mal aussieht: viele Filmnerds, mal mit dicker Brille, mal mit Bierbauch, Halbglatze und kariertem Hemd. Selbst der UPS-Fahrer sieht mit seinem lässig anrasierten Bart aus wie das Musterexemplar eines Paketboten. Allein die vielen unterschiedlichsten Charaktere ließen mein Herz schneller schlagen..
Besonderes Augenmerk gilt natürlich jenen beiden, die Bolts Abenteuer begleiten: die Straßenkatze Mittens und der übergewichtige Hamster (und Bolt-Fan #1! * ) Dino. Sie sind nicht nur schmückendes Beiwerk, sondern haben jeder seine eigene Vita. So kommt etwa heraus, dass Mittens nicht immer auf der Straße gelebt hat. Sie lässt Bolt sehr von ihrem reichhaltigen Erfahrungsschatz profitieren, leitet ihn durch die unbekannte Umwelt – und erklärt ihm auch, dass man sich bei Stunts im wahren Leben doch tatsächlich weh tun kann (Ja, Bolt. Das nennt sich ‚Blut’. * ). Dino wiederum ist die Ausgeburt des abgefahrenen Fans, der durch seine Mischung aus Verrücktheit und vorgespielter Coolness sehr Jack-Black-esque * wirkt. Es wunderte mich, dass Black, der Nerdmaster of Coolness, im Original nicht die Stimme eingesprochen hat.
Zugegeben: so an ein, zwei Stellen ist auf der langen Reise von New York nach Hollywood für ein paar Minuten kurz die Luft raus. Beispielsweise dann, wenn statt dem unerträglichen Miley-Cyrus-Lied der Original-Version eine ebenso grauenhafte deutsche Version vorgeträllert wird. Dass Bolt aber mit dem Big Apple und einem Kurzbesuch in Las Vegas die beiden Städte besucht, die ich im vergangenen Jahr selbst bestaunen konnte, reißt das wieder raus. Vor allem die kurzen Szenen mit den Hotels aus Las Vegas ließen den Adrenalinspiegel steigen.
Bolt ist technisch gesehen keine Weiterentwicklung. Macht aber nichts: Pixar schafft es, den Akteuren eine solche charakterliche Tiefe zu geben, dass auf absoluten Realismus gut verzichtet werden kann. Passend zum Thema ist die Optik sehr stimmig – ein Comic-Film lebt nun mal durch das Comichafte und nicht durch Fotorealismus.
Der Humor ist pixar-typisch mal wieder kompatibel für alle Altersschichten. Auch Erwachsene werden sich über einige Seitenhiebe gegen das Filmgeschäft gut amüsieren können. Ich hatte zumindest einen Riesenspaß und feiere Bolt schon mal als einen der großen Animationsfilme des Jahres 2009 ab. Pixar, ihr seid wieder auf dem richtigen Weg!
Edit: zwischenzeitlich bin ich darauf hingewiesen worden, dass [/movie]Polt” – trotz eines Pixar-Vorfilms – kein eigentlicher Pixar-Film ist, sondern ein Film von Disney Productions. Da hier jedoch wie auch schon bei [/movie]Ratatouille” und [/movie]Wall-E” Pixar-Mann John Lasseter als ausführender Produzent maßgeblich beteiligt ist, lasse ich auch den Vergleich mit [/movie]Wall-E” so stehen hier. Stoße sich daran, wer mag. 😉