Drehbuch: David Seidler
Schauspieler*innen: Colin Firth, Geoffrey Rush, Helena Bonham Carter, Guy Pearce
Kinostart D:
Kinostart US:
Originaltitel: The King's Speech
Laufzeit: 1:58 Stunden
Filmkritik zu The King’s Speech
Colin Firth als stotternder Prinz ist großartig, schrecklich überzeugend! Die Pein und Qual vor einem öffentlichen Auftritt steht ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. Bereits nach der Anfangsszene tut der Mann mir unsagbar leid. Wenn die Kamera bei einer Rede voll auf Firths Gesicht draufhält, man sieht, wie schwer ihm die Worte über die Lippen gehen, mit unendlich lang erscheinenden Pausen, die Augen angsterfüllt, die Zuhörer peinlich berührt. Ich meinte, seinen ganzen Schmerz körperlich mitfühlen zu können. Colin Firths Mimik ist unglaublich ausdrucksstark und überzeugend. Oscarwürdig!
Aber auch sein „Gegenspieler“ Geoffrey Rush gefällt sehr. Der Sprachtherapeut bekommt eine sympathische, schlagfertige, gradlinige Note. Firth und Rush haben mehrfach Gelegenheit zu tollen Dialogen. Mal witzig, mal sehr tiefgehend. Ich hätte den beiden noch ewig zuhören und zusehen mögen.
Unbedingt erwähnenswert sind Ausstattung und Kameraführung. Das London der 20/30er Jahre, die heruntergekommene Praxis des Therapeuten, das royale Umfeld, die Kostüme sind wunderschön dargestellt und ausgearbeitet. Durch die tolle Kameraführung und Bildeinstellungen wirkt fast jede Sequenz wie ein Gemälde und wird besonders Ausdrucksstark. Hier passiert nichts zufällig, alles hat seinen Sinn. Apropos Sinn: sehr gefallen hat mir die letzte Szene des Films. Nicht naheliegend und doch goldrichtig in der Bedeutung, dass der Film so ausgeblendet wurde.
Fazit: Ich bin absolut begeistert über die Leistungen von Firth und Rush, dem Drehbuch, der Ausstattung, der Kameraführung, dem Zusammenführen aller Elemente, was wohl dem Regisseur Tom Hooper geschuldet ist.
Ich hoffe sehr auf einige Oscars für den Film! Bei 12 Nominierungen sollte wohl bitte was – und völlig zu Recht! – hängen bleiben.
Der Film geht gleich in die Vollen und zeigt Colin Firth bei einer Rede, die dank seines Makels zu einem Desaster ausartet: Firth mit verkrampftem Gesicht, die Tausende Zuhörer beschämt, die Frau mitleidend. Vielleicht liegt es an diesem unmittelbarem Start, dass ich von Anfang an mit der Rolle von Firth nicht warm wurde. Unbestritten: Firth sieht man es an, dass seine Rolle diese Rede nicht halten möchte, aber muss. Ja, ich hatte sogar Mitleid für seine Rolle, als der Film nach gefühlt elendig langen Minuten wegschaltete, aber bei der Rede noch nicht einmal den erste Satz gesagt war. So weit man Mitleid und damit Empathie mit einem Filmcharakter haben kann, der bereits auf die Tränendrüse drückt, ehe der Film zwei Minuten alt ist.
Vielleicht liegt meine Unzufriedenheit auch daran, dass dem Film ein wahrer Höhepunkt fehlt. George stottert, geht zum Therapeuten, wehrt sich anfangs, lässt sich aber immer wieder ein und schafft es, die Nation zu begeistern. So lässt sich der Film in einem Satz zusammenfassen und ich warte hier nun weißgott nicht auf das Happy End, das zudem noch historisch falsch gewesen wäre. Was fehlte, war das unmittelbare Fühlen der Auswirkungen der Unzufriedenheit oder auch das Glücks von George. Stattdessen findet sich der Großteil der Emotionen in der für den Beruf eines Thronfolgers durchaus angebrachten, für einen Film aber deplatzierten kontrollierten Mimik. So verkommt ein Ausbruch der Freude zu einem huschenden Lächeln oder Wut zu einem verzogenen Mund. Schauspielerisch ohne Frage eine gewisse Kunst, aber bei Weitem nicht derart lobenswert oder gar mitreissend.
Handwerklich ist der Film solide, Schauspielerauswahl und Kamera sind dem Film durchaus angemessen. Insbesondere die Dialoge zwischen Firth und Rush als Therapeut sind immer wieder klasse und sind von der Wortwahl überragend. Doch wenn diese Worte ohne Taten, ohne Reaktion (abgesehen von einem einem veränderten Mundwinkel) bleiben, ist es zwar schön, sie gehört zu haben und doch schade, dass sie derart verpufften. Das schmerzte mir mehr als das Mitleid für Firth’s Rolle.
Ein Fazit? Ein solider Film, den man sehen sollte, aber der aufgrund seiner 12 Oscarnominierungen und des Hypes um ihn brachial abstürzt und in keiner Kategorie wirklich überzeugen kann. Da habe ich bei Weitem bessere Filme gesehen, die es noch nicht einmal in die Oscarnominierung geschafft haben.
Der Film beginnt mit einem cineastischen Paukenschlag. Bereits in der Anfangsszene wird die Marschrichtung vorgegeben: stimmungsvolle Bilder, die das England der 20er-Jahre greifbar machen, bieten nur die Szenerie für noch perfektere Darsteller, die vergessen lassen, dass hie nur Schauspieler am Werk sind. Gleich zu Beginn nimmt man dem hervorragend aufspielenden Colin Firth seine rolle als stotterndem Monarchen vollends ab. Grandios wie er es faktisch nur mit Blicken und detailliertem Mienenspiel schafft, Prinz Albert zu charakterisieren. Einen Mann, der sich seiner edlen Herkunft zu jeder Sekunde bewusst ist, der weiß, dass er von Geburt an über dem normalen Bürger steht – der aber mit diesem auch Sehnsüchte und Ängste teilt. Denn davor ist auch ein zukünftiger König nicht sicher.
Mit der missglückten Eröffnungsrede im Wembley-Stadion wird der Konflikt und das Leiden des Königssprosses nach kürzester Zeit sichtbar. Eine wirklich gelungene Einführung, auf die zwei ebenso gelungene Kinostunden folgen. Denn nicht nur Colin Firth glänzt in seiner Rolle, auch der Sprachtherapeut, gespielt von Geoffrey Rush, wirkt von Beginn an glaubhaft, authentisch und auf seine verschrobene Weise liebenswert.
Und so sind es auch gerade die Dialoge dieser beiden Darsteller, die aus „The King’s Speech“ eine Sternstunde des Films machen. Ein Königssohn, der widerwillig in die heruntergekommene Praxis eines Sprachtherapeuten kommt, der ihm wiederum ohne jeglichen gebührenden Respekt entgegentritt; da kann es nur zu hervorragenden Wortwechseln kommen, in deren Folge man beide Charaktere noch mehr schätzen und lieben lernt.
Neben dieser Darstellerleistung verkommt das ebenfalls hochwertige Produktionsdesign fast zur Nebensache. Doch auch die Kameraarbeit weiß zu überzeugen und sollte ein klarer Anwärter auf den zu vergebenden Oscar sein. Mal wird das „typische London“ mit den Straßen voller Nebel gezeigt, mal werden Dialoge durch zum niederknien schöne Kameraperspektiven aufgepeppt. Glaubwürdiges Interieur und zeitgemäße Kostüme tun ihr übriges, um den Zuschauer im London der 20er Jahre versinken zu lassen.
Suchte man zwanghaft einen Minuspunkt, dann bliebe wohl einzige der, dass der Film ein wenig zu konsequent nach „auf Oscar-Kurs angelegt“ aussieht. Aus Versatzstücken ehemaliger Oscargewinner und Aspekten der typischen Oscar-Checkliste wird hier ein Film gemacht, der – zu Recht! – als heißer Favorit mit 12 Nominierungen ins Rennen geht. Wirklich stören tut es aber nicht. Ja, es gibt Filme, die einen noch mehr packen; Filme, in denen das Drama einen noch schmerzvoller und peinigender berührt. Aber in seiner Summe ist „The King’s Speech“ ein sehr gut ausbalanciertes Drama, das durch so manche Spitzbübigkeit auch mal zum Lachen bringt. Und nicht zuletzt schon jetzt einer der herausragenden Filme des Jahres 2011.