Filmszene aus Sommer vorm Balkon

Sommer vorm Balkon

Regie: Andreas Dresen
Drehbuch:
Schauspieler*innen: Inka Friedrich, Nadja Uhl, Andreas Schmidt, Vincent Redetzki

Kinostart D:
Kinostart US:
Originaltitel: Sommer vorm Balkon
Laufzeit: 1:50 Stunden
Filmposter: Sommer vorm Balkon

Filmkritik zu Sommer vorm Balkon

Benutzerbild von Tobias
3.5/ 5 von

Die Kamera wackelt. Die Gesichter blicken immer wieder sehnsüchtig in die Kamera, wenn sie nicht gerade auf einer Blume oder einer Wand verharrt. Kein Zweifel, dieser Film möchte das Gefühl geben mittem im Leben der Figuren zu sein. Wie ein ungebetener, zufälliger Besucher, den niemand so richtig bemerkt. Meist ist sie dicht dran an den Menschen, manchmal gönnt sie sich eine Atempause. Nur selten gibt es artifizielle Einstellungen von oben auf einen Tisch oder durch verschiedene Fenster. Geschnitten wird trotzdem, was sehr angenehm ist, denn so wird der Inhalt nicht vom Stil überlagert.

Der Film erzählt alles uns nichts, es wird eben gelebt, mit Höhen und Tiefen, mal poetisch, mal schön, mal lustig, mal traurig – aber nie existenziell. Der Film bleibt in jeder Sekunde herrlich unaufgeregt. Es ist nicht immer alles Sonnenschein, aber das Ende einer Beziehung ist auch kein Weltuntergang. Und eine Therapie auch nicht. Genausowenig wie eine neue Liebe alles in einen Regenbogen verwandelt. Die Gefühle sind spürbar, die Not der Figuren auch, aber alles bleibt im besten Sinne auf dem Teppich. Ein großes Talent von Andreas Dresen (unter anderem auch verantwortlich für „Halt auf freier Strecke“), das er auch hier wieder beweist.

Manchmal verfolgt man gebannt was passiert, dann wieder schweifen die Gedanken ab ins eigene Leben, man vergleicht sich, findet sich wieder, denkt an eigene Sorgen, aber nur ein bisschen. Balkongespräche führen wir schließlich alle und wahrscheinlich sind sie wirklich überall ähnlich. Genau wie der Trinkreflex in der Kneipe, wenn wir nicht wissen, was wir als nächstes sagen oder tun wollen.

Thematisch stehen zwei Frauen im Mittelpunkt, die mitten im Leben stehen, aber nicht da wo sie sein wollen. Die eine war schonmal verheiratet, von der Ehe ist nun noch das Kind geblieben, der Vater ist weg, bei einer anderen Frau wie es scheint, und die Chancen für eine Mutter einen neuen Mann zu finden sind nicht unbedingt rosig. Die andere ist nicht weniger auf der Suche nach Geborgenheit, so sehr, dass sie sich auch dann auf einen Typen einlässt, wenn sie von Anfang an ahnt, dass er sie wahrscheinlich nur benutzt. Schließlich lässt sich hoffen, dass es anders ist. Das sind Sorgen aus der Mitte der Gesellschaft, wie die erste Liebe und das Wissen mit 70, dass die letzte Liebe tot ist. Und das ist ein Zustand, eine Gedankenwelt und vor allem ein Lebensgefühl, das „Sommer vorm Balkon“ auf sehr angenehme Weise einfängt.

Sommer vorm Balkon im Heimkino

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