Filmszene aus Nowhere Boy

Nowhere Boy

Regie: Sam Taylor-Johnson, Alex Oakley, Susanna Lenton, Mark Hopkins
Drehbuch:
Schauspieler*innen: Aaron Taylor-Johnson, Anne-Marie Duff, Kristin Scott Thomas, David Threlfall

Kinostart D:
Kinostart US: (FSK R)
Originaltitel: Nowhere Boy
Laufzeit: 1:33 Stunden
Filmposter: Nowhere Boy

Filmkritik zu Nowhere Boy

Benutzerbild von andreas
3.5/ 5 von

Zugegeben, anfangs benötigt der Film ein wenig Zeit, um Fahrt aufzunehmen. Die ersten Szenen wirken sehr plakativ, wenn auch teils gut auf den Punkt gebracht. Man bekommt schnell ein Gefühl dafür, in welchen Verhältnissen eines der größten Musik-Genies unserer Zeit aufgewachsen ist. Liverpool war eine reinrassige, unprätentiöse Arbeiterstadt – nicht zuletzt erkennbar am manchmal schwer verständlichen Dialekt der englischen Tonspur. Alles in allem macht die erste Viertelstunde den Eindruck, als wenn einfach zu viel Informationen in zu wenig Spielzeit gepresst wurden. Zum Glück gibt sich das im Lauf der Zeit, der Erzählfluss wird ruhiger. So nimmt sich der Film auf der einen Seite gerne die Freiheit, einer wichtigen Szene die nötige Zeit zu geben, auf der anderen Seite haben mir aber vor allem die Einstellungen gefallen, die meist nur wenige Sekunden andauerten und ohne große Dialoge auskamen, damit aber manchmal umso mehr aussagten. Man bekommt das Gefühl, dass Regisseurin Sam Taylor-Wood bei ihrem Spielfilm-Debüt erst ein wenig warm laufen musste. Dafür macht sie zum Ende hin dann wirklich alles richtig.

Um eines klar zu sagen: wer ein Biopic über John Lennon erwartet, angereichert mit viel Musik von den Beatles, der könnte enttäuscht werden. “Nowhere Boy” spielt vor dem großen Beatles-Hype und auch vor den inzwischen legendären Auftritten der Pilzköpfe im Hamburger Star-Club. Es zeigt sich aber schnell, dass auch der Lebensabschnitt vor dem Ruhm und Erfolg einen eigenen Film wert ist. Dreh- und Angelpunkt des Filmes ist weniger die musikalische Entwicklung Lennons, sondern vielmehr die Dreiecksbeziehung zwischen ihm, seiner Tante und seiner leiblichen Mutter. Das Familiendrama, das sich daraus entwickelt hat mich am Ende eiskalt erwischt, gepackt und tief berührt.

Was die Darsteller angeht hatte ich von Anfang an ein Problem mit dem Wiedererkennungswert der Beatles. Aaron Johnson sieht nur in seinen besten Momenten ansatzweise aus wie John Lennon. Thomas Brodie Sangster, dem als kleinem rothaarigen Kid in „Tatsächlich…Liebe“ meine ganze Sympathie galt, ist inzwischen zwar in die Pubertät gekommen – aussehen wie der junge Paul McCartney tut er trotzdem noch lange nicht. Doch Aussehen ist hier weniger wichtig, denn die schauspielerische Leistung stimmt beim gesamten Cast. Allen voran Kristin Scott Thomas (unvergessen in „So viele Jahre liebe ich dich“), die anfangs als erzkonservativer Eisklotz das Musterbeispiel der „bösen Stiefmutter“ ist, sich im Lauf des Films aber mehr und mehr die Sympathie des Publikums erspielt. Durch ihr ausgezeichnetes Spiel bekommt man ein gutes Gefühl für jene Frau, die vor lauter Besorgnis und britischer Etikette nicht über ihren eigenen Schatten springen kann. Auch Anne-Maria Duff als Johns leibliche Mutter spielt grandios auf. Sie stellt glaubwürdig eine Frau dar, deren Intellekt nicht gerade ihre herausragendste Eigenschaft ist, die aber in Sachen Musik viele Talente hat und die besondere Eigenschaft, andere mit ihrer Passion anszustecken.

Alles in allem ist „Nowhere Boy“ ein sehenswertes Familiendrama, das den Namen John Lennon nicht unbedingt gebraucht hätte. Diese Coming-Of-Age-Geschichte hätte auch mit einem „Noname-Boy“ funktioniert. Anfängliche Schwächen macht spätestens das anrührende Finale allemal wieder wett.

Nowhere Boy im Heimkino

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