Drehbuch: Guillaume Laurant, Jean-Pierre Jeunet
Schauspieler*innen: Dany Boon, Dominique Pinon, André Dussollier, Jean-Pierre Marielle
Kinostart D: (FSK 12)
Kinostart US: (FSK R)
Originaltitel: Micmacs à tire-larigot
Laufzeit: 1:45 Stunden
Filmkritik zu Micmacs – Uns gehört Paris!
Jean-Pierre Jeunet gehört sicherlich zu den großen Kino-Visionären, in einer Reihe mit James Cameron und Guillermo Del Toro. Sein „Die fabelhafte Welt der Amelie“ ist für mich die Definition von verbildlichter Poesie. Auch in „Micmacs“ gibt es wieder eine Menge zu entdecken: liebenswert skurrile Charaktere und herrlich verschrobene Szenerien drücken diesem Film erneut den Jeunet-Stempel auf. Doch so liebenswert die Figuren auch sind: der rechte Funke will dank einer seichten Story doch nie so ganz überspringen.
Klar gibt es hier und da mächtig was zu lachen, man erfreut sich an den ausgefuchsten Plänen der bunten Truppe – ohne jedoch recht mitzufiebern. Nur an wenigen Stellen blitzt diese bemerkenswerte Rafinesse wirklich durch. Den Großteil des Films plätschert die Handlung einfach nur so dahin.
Schade, denn auch in diesem Film macht Jeunet wieder das, was er am besten kann: Charakteren mit nur wenigen Mitteln so zu präsentieren, dass man als Zuschauer das Gefühl hat, deren komplette Lebensgeschichte zu kennen und zu verstehen. Explizit sei hier mal Dominique Pinon in seiner Rolle als Fracasse genannt: schon nach wenigen Sekunden merkt man, dass sich sein Leben um einen sagenumwobenen Auftritt als lebende Kanonenkugel dreht, die angeblich im Guinness-Buch verzeichnet ist. Pinon war für mich – ebenso wie bereits in „Amelie“ – eines der absoluten Highlights.
Vermutlich trägt der Film für meinen Geschmack einfach ein wenig zu viel Ballast mit sich herum. Da hätte man gut und gerne 15 Minuten und mehr herausschneiden können, ohne dass es wirklich aufgefallen wäre. Es hätte dem Film eher gut getan. So hingegen ist man nach 105 Minuten (und einem zugegebenermaßen sehr lustigen Finale) doch froh, dass Bazil endlich seine Rache hatte, die Welt wieder ein besserer Platz ist und man sich doch etwas ermüdet aus dem Kinosessel erheben kann.
Ganz klar, Dany Boon ist spätestens seit den „Schtii´s“ ein überzeugender, beliebter, sympathischer Typ. Er ist es dann auch, der mich durch den Film trägt. Mein Lichtblick. Zwischen all den detailversessenen Sequenzen, der erdrückenden Atmosphäre, den überspitzten Charakteren, sind es seine Dackelaugen, die mich durch den Film bringen.
Viele werden den Stil des Jean-Pierre Jeunet liebenswürdig finden, mir ist es ehrlich gesagt zu überladen, zu grimassig, zu schräg, zu verspielt, zu erzwungen … alles, bloß nicht liebenswert.
Es sind weder die Handlung noch die Schauspieler, die im Vordergrund stehen, sondern das absurd-überzeichnete Bühnenbild. Aber nicht nur die Ausstattung und Inszenierung sind extrem, auch die Charaktere. Entweder auffällig raffgierig und gefühlskalt oder mit ungewöhnlichen Talenten, Geschick und Spitzfindigkeit ausgezeichnet. Durch die gesamte Besetzungs-Bank ist kein „normaler“ Typ dabei. Und so kann die Schrottplatztruppe der Ausgestoßenen in „Ocean`s 11-13“ Manier den Waffenhändlern mal eben das Handwerk legen. Immerhin gibt das wenigstens Anlass für ein paar Schmunzler und beim großen Finale sogar Lacher. Das stimmt mich – neben Dany Boon – wenigstens etwas versöhnlich.
Fazit: Und wieder einmal möchte ich – ähnlich wie bei Tim Burton Machwerken auch – laut aufschreien „Weniger ist mehr!“