Drehbuch: Saim Sadiq, Maggie Briggs, Bane Fakih, Zackary Drucker, Mahnoor Chaudhary
Schauspieler*innen: Ali Junejo, Rasti Farooq, Alina Khan, Sarwat Gilani
Kinostart D: (FSK 12)
Kinostart US: (FSK NR)
Originaltitel: جوائے لینڈ
Laufzeit: 2:07 Stunden
Filmkritik zu Joyland
Dem Film kann man viele Eigenschaften geben:
- Der Film kommt aus Pakistan und somit einem Land, das sich noch in einem Prozess der frei ausgelebten persönlichen Identität befindet
- Der Film wurde als pakistansicher Beitrag für die Oscars 2023 eingereicht
- Der Film wurde 2022 zwei Mal in Cannes ausgezeichnet
Doch allen voran ist der Film ein Liebesdrama – und das tut dem Film ungemein gut.
Selbstverständlich ist das starre muslimische, gesellschaftliche Korsett stets sicht- und spürbar: Dass Haider nicht arbeitet und die Frau das Geld in die Familie spült, missfällt Familienoberhaupt Abbah ebenso, wie dass die beiden noch keine Kinder haben. Der Job im Erotiktheater wird so lange kritisch beäugt, bis Haider erlügt, dass er Manager des Theaters sei. Doch allein das Zusammenarbeiten mit einem Transmenschen sorgt immer wieder für Getuschel in der Familie.
Doch all das geschieht immer wieder nur am Rande: Spürbar, doch nicht dominierend. Der Film schafft es, die gesellschaftlichen Strukturen in Pakistan (und nicht nur dort) aufzuzeigen und dennoch nicht mit erhobenem Zeigefinger zum Hauptbestandteil zu machen.
Stattdessen steht die Liebe zwischen zwei Menschen im Vordergrund, die beide sich in schwierigen sexuellen Situationen befinden: Biba als Transmensch, Haider, der seine Frau betrügt und versucht, der familiären Tradition gerecht zu werden.
Es sind schon fast klassische Szenen, die man aus vielen Filmen einer Dreiecksbeziehung kennt: Vertuschen der Beziehung, Herausschleichen mit fadenscheinigen Gründen für geheime Treffen und ein unsicheres, aber dann doch stetes Annähern.
Über all das spannt sich dennoch der Bogen der Transsexualität: Einem harten Auftreten zum Trotz ist Bibas Persönlichkeit sehr zerbrechlich und sie gewährt nur langsam Haider Einblicke in das eigene Leben. Die ständige Ausgrenzung in der Öffentlichkeit, im Beruf und im Privaten belastet sie – und doch gehört es zu ihrem unvermeidbaren Alltag.
Bemerkenswert ist, wie nahezu jede Person in dem Film eine Entwicklung durchmacht, die zu Teilen nüchtern betrachtet vorausschaubar ist, aber sich sehr organisch und ebenfalls sanft einwebt in die gesamte Geschichte, sodass diese Entwicklungen den Film gar auf- statt abwerten.
Ein unaufgeregt erzählter Film mit hervorragenden Schauspielern und einem an sich packenden Drehbuch, das ohne Mahnung oder erzwungener Message das komplexe Thema Liebe, Identität, Familie und (gebrochener) Tradition aufzeigt.