Der letzte schöne Tag

Regie: Johannes Fabrick
Drehbuch:
Schauspieler*innen: Wotan Wilke Möhring, Matilda Merkel, Nick Julius Schuck, Julia Koschitz

Kinostart D: (FSK 12)
Originaltitel: Der letzte schöne Tag
Laufzeit: 1:29 Stunden
Filmposter: Der letzte schöne Tag

Filmkritik zu Der letzte schöne Tag

Benutzerbild von andreas
5/ 5 von

Ein Film wie ein fetter Schlag in die Magengrube. Ich persönlich würde die Angst vor dem Verlust des Lebenspartners schon fast als Urangst bezeichnen. Und so nehmen mich natürlich Szenen, in denen auf einmal unverhofft zwei Polizisten mit traurigem Blick vor der Haustür stehen, mächtig mit. Vor allem dann, wenn sie so ausführlich umgesetzt sind. Denn in „Der letzte schöne Tag“ sehen wir keinen Vater, der sich mit seinen Kids zusammenrauft, vielleicht sogar eine neue Liebe kennen lernt und die Situation souverän meistert. Dieser Film setzt sich tatsächlich mit der Zeit des Verlustes auseinander, dokumentiert all die Schwäche, Verletzlichkeit und die „alltäglichen“ Dinge, die bei einem Todesfall nun mal anfallen (Beerdigung, Neuorganisation des Haushaltes, „Wohin mit den Anziehsachen?“) und wirkt dadurch sehr beklemmend. Eben weil er den Verlust des Partners in allen Einzelheiten seziert und diese Schnitte schon beim Zugucken einfach nur wehtun.

Wotan Wilke Möhring stellt einmal mehr unter Beweis, dass er zu den herausragendsten Darstellern Deutschlands gehört. Er spielt den Vater sehr facettenreich, zeigt ihn einerseits stark für seine Kinder, lässt auf der anderen Seite aber auch ungefiltert seine Aggressionen herausbrechen, weil die Hilf- und Ratlosigkeit ihn in eine Ecke drückt, aus der es ohne Wutausbruch kein Entkommen mehr zu geben scheint. Beeindruckend ist auch die Leistung der erst 15jährigen Matilde Merkel, die mir zuvor schon mal im Fernsehen positiv aufgefallen ist. Das Mädel hat in jedem Fall Potenzial.

Das Besondere an dem Film ist natürlich nicht der Verlust des Partners an sich, sondern der Verlust durch den Freitod. Wie geht eine Familie damit um, dass die Mutter freiwillig aus dem Leben geschieden ist? Natürlich glauben die Kinder, dass sie schuld sind, ebenso macht sich der Witwer Vorwürfe, dass er vielleicht Anzeichen übersehen hat, die er nicht hätte übersehen dürfen. Auch das persönliche Umfeld (Freunde der Familie, Nachbarn, Eltern, Schwiegereltern, Arbeitgeber) kommt im Film gut zu Wort und trägt zu dem allumfassenden, ausführlichen Gesamtbild bei, das diesen Film so sehenswert macht. Alles in allem ist er sowieso sehr schön ausbalanciert. Alle drei verbleibenden Familienmitglieder bekommen im Film ausreichend Zeit, um darzustellen, wie sie persönlich mit dem Verlust umgehen.

Für den Podcast-Kollegen Christoph vom Sneakpod ist ein Film nur dann gut, wenn er ihn zu Tränen rührt. Da kann ich für „Der letzte schöne Tag“ eine uneingeschränkte Empfehlung aussprechen. Von Beginn an hatte ich einen fetten Kloß im Hals, weil mir das Thema an sich so nahe geht. In der Beerdigungs-Szene sind bei mir dann allerdings alle Dämme gebrochen. Zum einen weil Lars am Grab so einen herzzerreißenden Zusammenbruch erlebt, zum anderen weil Wotan Wilke Möhring diesen Zusammenbruch auch noch herzzerreißend talentiert in Szene zu setzen vermag.

Nur wenige Stunden zuvor habe ich den derzeitigen Oscar-Favoriten „The Descendants“ gesehen, der auch den Tod der Mutter thematisiert. Weit mehr berührt hat mich allerdings diese kleine TV-Perle, die für mich ein weiterer Beweis ist, dass „großes Kino“ auch durchaus im Fernsehen stattfinden kann. Und so bleibt mir für diesen in allen Belangen sehr gelungenen Film nichts anderes als die Höchstwertung.

Der letzte schöne Tag im Heimkino

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