Drehbuch: Roberto Aguirre-Sacasa, Lawrence D. Cohen, Stephen King
Schauspieler*innen: Chloë Grace Moretz, Julianne Moore, Gabriella Wilde, Ansel Elgort
Kinostart D: (FSK 16)
Kinostart US: (FSK R)
Originaltitel: Carrie
Laufzeit: 1:40 Stunden
Filmkritik zu Carrie
Der Film beginnt wie der klassische Horrorfilm – ein verlassenes Haus, eine schreiende Frau in einem blutverschmierten Bett, brennende Kerzen, spannungserzeugende Musik in großer Dosis und eine Titeleinblendung in roter Schrift. Spätestens wenn die Frau jedoch zu schreien aufhört und zu sprechen beginnt, wird man hineingezogen in die Welt dieses Films, weil Juliane Moore es schafft den Zuschauer sofort für das Szenario zu interessieren, das er noch nicht versteht, und ihn mit ihrem Spiel zu fesseln.
Juliane Moore als streng religiöse Mutter von Carrie bleibt dann auch eines der absoluten Highlights. Ihre Figur, zu der man niemals eine echte Bindung aufbaut, ist unverständlich und interessant, nervig und faszinierend zugleich. Sie ist absolut unsympathisch, aber gleichzeitig liebevoll – und schafft es all diese Facetten in sich zu vereinen.
Chloe Grace Moretz steht ihr in nichts nach in ihrer Schauspielkunst. Ihr gelingt der Wandel vom schüchternen, naiven Mauerblümchen, das so eine graue Maus ist, dass man irgendwie sogar nachvollziehen kann, warum sie keiner in seiner Nähe haben mag, obwohl sie eigentlichts böses gemacht hat, hin zum verzweifelten, strahlenden Rachengel auf beeindruckende Weise. Man glaubt ihr die abrupte Wandlung und auch die im Drehbuch nur unzureichend begründete Anziehung zu ihrer Mutter, die doch eigentlich nur Ablehnung für Carrie zu haben scheint.
Hinter diesen beiden fantastischen Hauptdarstellern, deren gemeinsame Szenen die beklemmensten sind, die ich seit langer Zeit auf einer Kinoleinwand gesehen habe, bleibt das restliche Ensemble leider (zwangsläufig) etwas zurück. Alle anderen Figuren sind ein wenig eindimensional geraten, einige sogar platt. Eine von Gabriella Wilde gespielte Mitschülerin, die sich vom bösen Mädchen zum guten Mädchen wandelt, wirkt oberflächlich und wenig nachvollziehbar in dem, was sie bewegt. Und so leider auch eigentlich überflüssig für den Film. Objektiv hat dieser Nebenplott recht wenig Screen-Time, subjektiv aber schon zu viel. Was sicher nicht einmal primär die Schuld von Wilde ist, Moore und Moretz sind einfach so gut, dass sie alles andere überstrahlen. Und die beiden sind schon allein ein Grund, dass man den Film gesehen haben sollte.
Die Geschichte bleibt von der ersten bis zur letzten Sekunde spannend und ist dramaturgisch gut aufgebaut, was wohl auch nicht zuletzt der Vorlage von Steven King zu verdanken ist. Der Film schafft es gleichzeit Teenagerfilm, Drama und Horrorfilm zu sein. Die Genres fließen ineinander, ohne sich gegenseitig zu stören. Ledliglich zum Ende hin verliert sich die Linie des Films etwas, die plötzlich sehr opulente Erzählweise – die sicher auch symbolisch für Carries Veränderung steht – sprengt den Rahmen vollkommen und verfällt leider in eine Hektiv, die dem Film nicht gut tut.
Trotzdem, ein wirklich gelungener, für sein Genre sogar exzellenter Film, der gut unterhält. Vor allem wegen (und das ist grade für einen Horrorfilm bemerkenswert) wirklich großer Schauspielkunst.