Filmszene aus Kokowääh

Kokowääh

Regie: Til Schweiger, Torsten Künstler
Drehbuch:
Schauspieler*innen: Til Schweiger, Emma Schweiger, Jasmin Gerat, Samuel Finzi

Kinostart D: (FSK 6)
Kinostart US:
Originaltitel: Kokowääh
Laufzeit: 2:03 Stunden
Filmposter: Kokowääh

Filmkritik zu Kokowääh

Benutzerbild von Phil
4/ 5 von

Till Schweiger hat es einfach drauf, Emotionen zu wecken. Ich meine, man schaue sich nur Keinohrhasen oder auch Zweiohrküken an. Die Filme schaffen es, eine reale Welt in Watte zu packen, mit sanften oberflächlichen Konflikten zu versehen und diese auf einfachste Art zu lösen. Versehen mit toller Musik und Bildern, die genau ins Herz treffen, zieht Schweiger mit jedem Film Millionen in die Kinos.
Und in exakt diese Kerbe schlägt auch Kokowääh. Man kann diesen Stil nun mögen oder hassen, viel dazwischen gibt es wohl sowieso nicht. Ich mag diesen Stil – also mag ich Kokowääh. Ich lasse mich gern entführen in die Welt aus Ikea-Küchen, verbunden mit jederzeit Sonnenschein (es sei denn, aus dramaturgischen Gründen ist Regen besser) und Bildern in Slo-Mo.

Doch Schweiger reisst mit zwei Faktoren aus seiner bisherigen Fahrspur heraus: Zu allererst sei natürlich seine Tochter Emma genant, der heimliche Star des Films. Etwas unbehände im Vortragen der merkbar Wort für Wort exakt auswendig gelernten Texte, reisst sie mit einem verschmitzten Lächeln und … eben diesem Schweiger-Stil eine Menge heraus. Was ich mit diesem Schweiger-Stil meine? Nun, selbst in dicker Hornbrille und abgefuckten Klamotten sah Nora Tschirner in Keinohrhasen immer noch grandios aus. Weil irgendwie alles liebenswürdig ist, egal, wie die Kleidung und das Verhalten gerade sind. Das ist der Schweiger-Stil.
Und auch die kleine Emma Schweiger kann man nur liebhaben. Ihre Rolle ist ihr auf den Leib geschrieben (Papa sei Dank) und so kann sie perfekt brillierten. Die Eltern, die nicht auch gern eine kleine Emma Schweiger bzw. ihre Rolle Magdalena zu Hause haben möchten, müssen erst noch geboren werden. Pfiffig, wortgewitzt und doch irgendwie nur 8 Jahre spielt sie sich von der ersten Sekunde in die Herzen.

Als zweiter Faktor ist die unerwartet ernste Umsetzung des Themas zu erwähnen. Ein echter Vater, der nie von seinem Kind wusste, trifft auf seine Tochter und will diese nun dem Vater entreissen, der nach 8 Jahren erfährt, nicht der leibliche Vater zu sein. Bisher hat Schweiger eher das Komödiengenre bedient, ganz davon trennen kann er sich in Kokowääh auch nicht. Aber doch zieht der Film nach der Hälfte merkbar an und lässt die Komik dann doch eher aussen vor. Stattdessen rutscht die Vaterbezeihung in den Mittelpunkt – und das ist wohl das Beste, was Schweiger machen konnte. Genau dosiert bringt er die Geschichte zu Ende und wird sich so nicht vorwerfen lassen müssen, zugunsten der Komik die Charaktere zu oberflächlich gestaltet zu haben.

Und das Schweiger-Universum wächst: Vor dem Hauptfilm lief der Trailer zu „Männerherzen 2“.
Ich werde auch diesen Film wieder besuchen.

Benutzerbild von andreas
4.5/ 5 von

Nein, man muss ihn nicht mögen, diesen Herrn Schweiger, der in Interviews gern mal ein wenig eingebildet rüberkommt. Er darf ruhig etwas unsympathisch wirken wenn er etwas zu sehr von sich selbst eingenommen über seine Projekte spricht. Fakt ist: kein anderer deutscher Regisseur hat so gut verstanden, wie ein unterhaltsamer Mainstream-Film produziert wird. Kein anderer kann aus einem jederzeit sympathischen Cast, einer interessanten und gar nicht allzu flachen Story sowie hervorragend ausgewählter Musik so perfekte Unterhaltungsfilme zimmern.

Klar: Schweigers Filme bieten keine tiefgehende Philosophie, keine Behandlung von existenziellen Lebensfragen wie sie etwa die Kollegen Tykwer oder Haneke abliefern. Aber neben all dem komischen Situationen und Lachern wirft Schweiger in „Kokowääh“ auch einen Blick auf die moderne Patchwork-Familie mit all ihren Ecken und Kanten. Die Zerrissenheit der Tochter wird ebenso thematisiert wie das schwierige Verhältnis von Vater und Stiefvater. Deutsche Komödie muss also nicht nach Art der „Superbullen“ nur Schenkelklopfer-Humor bieten, sondern kann durchaus einen Mehrwert haben.

Doch im Mittelpunkt steht natürlich die Komödie. Hier zeigt Schweiger mal wieder, was er kann und vor allem, dass er nach „Keinohrhasen“ und „Zweiohrküken“ immer noch eine Schippe drauf legen kann. Dreh- und Angelpunkt ist natürlich seine Tochter Emma Schweiger. In Sekundenbruchteilen gewinnt sie den kompletten Kinosaal für sich. Schon mit ihrem zweiten Satz, ihrer patzigen Antwort auf die Frage „Wer will das wissen?“, hat ganz Kinodeutschland sie ins Herz geschlossen. Zwar wirken ihre Sprüche häufig sehr gestelzt, auswendig gelernt; mit ihrer tollen Mimik macht sie diese Schwächen aber allemal wieder wett. Wenn dieses junge Nachwuchstalent in den kommenden Jahren noch ein wenig an seiner Authentizität feilen kann, wird sie Vaters Fußstapfen gut ausfüllen.

Der Rest der Besetzung dient häufig nur als Stichwortgeber oder dazu, die Story ein wenig voran zu bringen. Der anfangs so grimmige Kinderhasser Henry (Til Schweiger) wird nach und nach zum Kinderfreund. Schön, dass diese Entwicklung sehr behutsam in vielen kleinen Details sichtbar wird und nicht so „right in your face“, wie man es von einer deutschen Komödie erwartet hätte. In vielen kleinen Szenen wird verdeutlicht, warum Henry auf einmal doch Kinder (zumindest eins von ihnen) mag.

Überhaupt ist die komplette Inszenierung sehr auf den Punkt. Wirklich unnötige Szenen bekommt der Zuschauer nicht zu sehen. Interessant ist vielmehr, dass sehr häufig eine kleine Belanglosigkeit später noch einmal aufgegriffen wird und dadurch Gewicht erhält. Beispiel: Frauenheld Henry hat im Badezimmer rund 20 Zahnbürsten für seine attraktiven Übernachtungsgäste. Was ihm hier zum Nachteil ausgelegt werden kann, spielt ihm spätestens dann in die Karten wenn er sich mit Magdalenas Stiefvater über Zahnhygiene austauscht.

Unterstützt werden die vielen schönen Szenen ein weiteres Mal durch zumeist gut ausgewählte und eingängige Musik, die wunderbar die Lebensfreude von Tchibo-Katalog-Familien untermalen könnte. Einzig an einigen Stellen ist die Musik fehl am Platz. Gleich zu Beginn gibt es eine Szene, in der One Republics „Stop and Stare“ in fast voller Länge relativ laut unter eine Dialogszene gemischt wurde. Das macht den nuschelnden Schweiger nicht gerade verständlicher. Wie so ein Patzer durchrutschen konnte, ist mir unverständlich.

Ansonsten bietet der Film hervorragende Familienunterhaltung für Jedermann. Eine tolle Komödie mit ein wenig Tiefgang, in der man in jeder Minute zumindest einmal ein wenig in sich hineinlachen muss. Tolle Gag-Dichte und dabei erfreulich weit oberhalb der Gürtellinie. Seh-Empfehlung!

Und um noch einmal auf den vielleicht arrogant wirkenden Schweiger zurückzukommen: wer solche Filme abliefert, die perfektes Unterhaltungskino sind (und damit auch noch Millionen in die Kinos lockt), der darf auch zu Recht stolz auf seine Leistung sein.

…habe ich das jetzt gerade echt geschrieben? Okay, dann muss es stimmen. 😉

Durchschnittliche Wertung: 2.25/5, basierend auf 2 Bewertungen.

Kokowääh im Heimkino

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