Filmszene aus Jonas

Jonas

Regie: Robert Wilde
Drehbuch:
Schauspieler*innen: Christian Ulmen

Kinostart D: (FSK 6)
Originaltitel: Jonas
Laufzeit: 1:40 Stunden
Filmposter: Jonas

Filmkritik zu Jonas – Stell dir vor, es ist Schule, und du musst wieder hin

Benutzerbild von Phil
3.5/ 5 von

Ich muss den letzten Satz leider gleich relativieren: Natürlich kann man nicht einfach eine Schule infiltrieren und niemanden über die echten Hintergründe aufklären. So wussten beispielsweise die Elternvertreter und die Schulleitung natürlich Bescheid. Und die Lehrer. Und mit diesem Wissen im Hinterkopf verliert der Film schon eine Menge Flair.
Aber von vorn.

Wer mit „Jonas“ eine typische Ulmen-Provokationskomödie erwartet, der liegt hier komplett falsch. Anstatt, dass er die Szenerie in die Hand nahm und leitet, musste er sich auf die Schule einlassen und von dieser leiten lassen. Herausgekommen ist ein Film ohne wahre Handlung, sondern eine Momentaufnahme einer vielleicht ganz typischen Schule in Deutschland. Es klingt krude, aber das funktioniert hervorragend!

„Jonas“ ist kein Film für diejenigen, die noch zur Schule gehen. Ich glaube, man benötigt einen gesunden Abstand zur Schulzeit, um den Film in seinem ganzen Facettenreichtum zu genießen. So sieht man klassische Lehrer-Typen, die jeder wohl von uns kennt: Ein knallharter Mathelehrer, eine herzallerliebste Musiklehrerin, eine an ihren Aufgaben leicht verzweifelnde Ethiklehrerin. Irgendwo kriegt der Film jeden und eigene Erinnerungen vermischen sich mit der dargestellten Realität.
Und genau das ist es, was den Film an vielen Stellen trägt: Wenn der Logarithmus vom Lehrer in einem einminütigen Vortrag zusammengefasst wird, man selbst angesichts der vielen Fachtermini einfach nur erschlagen ist, fühlt man sich selbst etwas ertappt. Man lacht, weil man wahrscheinlich genau so da saß wie Jonas und man lacht, wie wenig die meisten damit heute noch zu tun haben.
Und selbst so manch nachdenkliche Szene entspinnt, wenn die Religionslehrerin vor der Klasse zugibt, dass sie eher dem wissenschaftlichen Zweig der Evolution statt der Religion Glauben schenkt. Auch ihre Versuche, den Unterricht „anders“ zu gestalten, mit denen sie aber eher abschreckt als animiert, sind herzerweichend. Und erst hier merkt man, in welchem Korsett so manch Lehrer steckt und aus diesem nicht mehr herausweiß.

Doch auch die Schülerseite ist nicht zu verachten, schließlich bekommt man ein hervorragendes Bild des Lebens eines Schülers: Hausaufgaben machen und abschreiben, Nachhilfe geben und nehmen, trotzdem Arbeit verhauen, Saufen vorm Getränkemarkt und Schülerbands.
Manchmal spielt Ulmen doch leicht in die Szenerie hinein, indem er Gedankenimpulse in den (Klassen-)Raum schmeisst, die vom Lehrer oder der Klasse aufgenommen werden, sodass sich -wenn auch künstlich angestoßen- eine natürliche Diskussion ergibt: Das Ergebnis sind ungeschönte Beweise für den Zusammenhalt einer Klassengemeinschaft.

Und doch leidet das Gesamtergebnis unter dem Wissen, dass zentrale Personen wie Schulleiter und Lehrer in die Filmarbeiten eingeweiht waren. So ist das Verhalten und die Reaktionen der Lehrer auf Jonas nicht zwangsläufig authentisch, auch, wenn es nach 6 Wochen Jonas sicherlich schwieriger wird, den Christian Ulmen dahinter zu sehen. Auch ist es fraglich, welche Aktionen vom Drehteam forciert wurden und welche tatsächlich auf natürlicher Ebene entstanden sind. Insbesondere die Erinnerung einer Schülerin an die Mathearbeit scheint mir hier sehr gekünstelt.

In der Summe bleibt aber der durch und durch positive Eindruck, ein mehr oder weniger realitätsnahes Bild der Schule zu bekommen. Als Erwachsener fühlt man sich ertappt, gut oder böse erinnert, muss selbst manchmal schmunzeln ob der Beständigkeit der eigenen Probleme.
Und so macht der Film tatsächlich Spaß – auch ohne wahre Story oder Aussage. Der Film steht für sich allein und jeder macht das daraus, wie er den Film für sich persönlich auffasst: Für manchen ists ein Horrorfilm, für manchen eine Komödie und für manchen ein Drama.

Jonas im Heimkino

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