Filmszene aus Black Swan

Black Swan

Regie: Darren Aronofsky, Joseph P. Reidy, Anthony Pettine, Amy Lauritsen
Drehbuch:
Schauspieler*innen: Natalie Portman, Mila Kunis, Vincent Cassel, Barbara Hershey

Kinostart D: (FSK 16)
Kinostart US: (FSK R)
Originaltitel: Black Swan
Laufzeit: 1:48 Stunden
Filmposter: Black Swan

Filmkritik zu Black Swan

Benutzerbild von andreas
5/ 5 von

Der Starttermin eines neuen Aronofsky-Films ist für mich immer auch ein Feiertag, schließlich ist der 41jährige New Yorker mein absoluter Herzblut-Regisseur. Seine Filme treffen bei mir genau den Nerv und hinterlassen allesamt bleibenden Eindruck. So natürlich auch „Black Swan“, in dem sich wieder viel von Aronofskys Handschrift erkennen lässt.

Bereits sein vergangener Film „The Wrestler“ lebte von der intimen Nähe des Zuschauers zum Hauptdarsteller Mickey Rourke. Ein Fernsehteam, das seinen „Opfern“ derart nah auf die Pelle rückt, würden wir als „unverschämt“ bezeichnen. Knallhart wird auf das Gesicht gezoomt, um jede noch so kleine Gefühlsregung zu dokumentieren, ja zu sezieren. Wie auch beim Ringer-Drama verfolgt die Kamera hier die Portman sehr häufig mit einem Blick über ihre Schulter, zeigt die Welt somit tatsächlich aus Ninas Sicht und schafft damit viel Authentizität. Der Zuschauer fühlt sich „mittendrin statt nur dabei“.

Auch das Thema Wahn findet sich nicht zum ersten Mal im Schaffen Aronofskys. „Requiem For A Dream“ erzählt die Geschichte von mehreren Drogensüchtigen, bei denen Realität und Fantasie immer mehr verwischt und auch Hugh Jackmanns Suche nach einer lebensrettenden Medizin in „The Fountain“ wohnt etwas wahnhaftes inne. In „Black Swan“ nun verwischt sich die Trennlinie zwischen Wirklichkeit und Wahnsinn gar meisterlich. Erste Anzeichen zu Beginn könnten noch real sein, während später sehr deutlich klar wird, dass ich einiges des Gezeigten nur in Ninas Fantasie abspielt. Doch wo ist die Grenze? Wo ist der Punkt gewesen, an dem die Rationalität endete? Genau mit dieser nicht genau definierbaren Grenze trifft Aronofsky den Nagel auf den Kopf. Wahnsinn beginnt nicht auf Knopfdruck, sondern beruht auf einer steten, unterschwelligen Steigerung.

Dass sich zu den geschickten inszenatorischen Mitteln auch noch eine Hauptdarstellerin gesellt, die ihrer Aufgabe eine Wahnsinnige darzustellen überaus gerecht wird, ist ein weiterer Pluspunkt für den Film. Natalie Portman versteht es meisterhaft eine Nina darzustellen, die anfangs bieder ist und von ihrem Chef gar als „frigide“ bezeichnet wird; die sich dann aber immer mehr in den Untiefen ihrer Seele verliert, immer weitere dunkle Ecken ihrer selbst entdeckt. Anfangs unbedarft wie eine Zehnjährige, die das erste mal die Nase aus dem elterlichen Nest stecken darf und zum Ende hin die Ausgeburt von Leidenschaft und Verführung. Meiner Meinung nach durchaus einen Oscar wert.

Unterstützt wird der komplette Film durch einen musikalischen Mischmasch aus Clint Mansell und den Originalstücken aus Tschaikowskys „Schwanensee“. Sowohl die wenigen schönen, frohen Szenen bekommen durch die Musik einen noch etwas schöneren Glanz, während die immer tieferen Abgründe von Ninas Seele ebenfalls mit der klassischen Musik noch ein wenig düsterer werden. Und so ganz nebenbei bemerkt man, wie hervorragend die orchestralen Stücke des Original-„Schwanensees“ auch die einzelnen Episoden dieses psychologischen Niedergangs untermalen.

Kurzum: ich fand den Film absolut genial und werden ihn – hoffentlich – noch einmal in der OV sehen. Zumindest ist „Black Swan“ einer der wenigen Kandidaten, die ich mir in unserem DVD-Regal vorstellen kann. Und um das noch mal klarzustellen: bei den Oscars führt meiner Meinung nach kein Weg an der Portman vorbei.

Benutzerbild von Phil
5/ 5 von

Aronofskys Werke sind mir teilweise schon suspekt: „The Fountain“ war derart sperrig, dass ich den Kinosaal verließ, und auch „Pi“ ist schon ein Werk der verworrenen Art. Doch „The Wrestler“ ließ mich dann doch aufhorchen: Entwickelt sich die Diskrepanz zwischen uns beiden tatsächlich zurück und wir beide kämen auf einen grünen Zweig? „Black Swan“ führt mein Gefühl von „The Wrestler“ noch weiter und sorgt für ein selten gesehenes Filmvergnügen.

Eine passende Komposition von Stücken aus Schwanensee und sanft adaptierten Musikstücken ergreift den Zuschauer von Anfang an und schafft es, die bekannte Melodie passgenau zu den gezeigten Gefühlen neu erleben zu lassen. Nicht selten scheint nicht das Bild, sondern die Melodie die Geschichte erzählen zu können. Schade, dass „Black Swan“ aus der Oscarnominierung für Musik ausgeschlossen wurde, weil zu viel bereits existente Musikstücke gewählt wurden. Eine solch passende Zusammenstellung von Gefühlen über die Musik ist allein schon preisverdächtig.
Doch auch die Geschichte selbst ist zwar in wenigen Worten erzählt, wird aber derart mit Schauspielkunst und Emotionen gefüllt, dass man beim Abspann sitzen bleibt, weil man noch mehr von diesem Film konsumieren möchte. Und so kommt es schon vor, dass man sich eine kleine Träne verdrücken muss vor Trauer angesichts des nun leider eintretenden Abspanns. Man muss kein Kinokenner sein, um zu erkennen, dass Aranofsky ein Meisterwerk produziert hat, das seinesgleichen sucht. Eine dergestalt hochwertige Zusammenstellung von innerer Zerrüttung, Leistungswillen und zum Ende puren Psycho-Thrillers, ja fast schon Tendenzen zum unblutigen Horror, hat man lange nicht mehr gesehen und wird dies auch nicht.

Doch was ist ein Film mit tollem Drehbuch und hochwertiger Musik, wenn das Schauspiel nicht stimmt. Doch mit Natalie Portman hat Aronofsky einen Volltreffer gelandet: Portman spielt bereits den weißen Schwan, schüchter, zurückhaltend, „Muttertochter“ überzeugend. Jedoch liegt die Kunst darin, die Verwandlung zum schwarzen Schwan auf den Punkt zu inszenieren. Und dies schafft Portman mit gänsehauterregend emotionalen Szenen bis hin zu beängstigend zwielichtigen Aktionen, wo Wahn und Realität selbst für den Zuschauer verschwimmen.
Es ist schwer, den Film zu beschreiben, wie so häufig, wenn Worte nicht ausdrücken können, wenn etwas denkwürdiges passiert ist. Wie so häufig muss man auch zu „Black Swan“ sagen: Das muss man gesehen haben, sonst fehlt einem etwas. Jegliche Oscarnominerung ist berechtigt und es muss schon mit dem Teufel zugehen, wenn Portman nicht für ihre Rolle den Oscar erhalten würde.

Durchschnittliche Wertung: 2.5/5, basierend auf 2 Bewertungen.

Black Swan im Heimkino

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